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Beckenbodenschmerz

Prof. Prof. (DK) Prof hc (China) Dr. med. Marc Possover

Beckenbodenschmerzen
nach Operation- und Geburtsverletzungen

Neuropathische Beckenschmerzerkrankungen: Vaginalschmerzen, Vulvodynie, Coccygodynie (Coccyger-Schmerz), Pudendaler Nervenschmerz, Ischiasschmerz, chronische Prostatitis, Prostataschmerz etc.

Chronische neuropathische Beckenschmerzerkrankungen sind Schmerzsyndrome, die von einem pathologischen Zustand der Beckennerven herrühren. Hierzu zählen Erkrankungen wie die Vulvodynie (Vulvaschmerz), Coccygodynie (Hüftknochenschmerz), Pudendal- und Ischiasschmerz und die Prostatodynie (Prostataschmerz). Die Ursache kann die Beschädigung oder die Irritation von Beckennerven sein. Beides führt zu neuropathischem Schmerz (gut lokalisierter, brennender Schmerz, auch “Allodynie” genannt, mit Ausstrahlung hinunter ins Gesäss, in die Genitalorgane oder die Beine) und zu Dysfunktionen der Beckenorgane (Blase, Darm und Sexualorgane). Der multidisziplinäre Ansatz der Neuropelveologie erlaubt es dem Operateur, eine individuelle Diagnose zu stellen und die geeignete medizinische oder neurochirurgische Behandlung festzulegen.

Die Irritation der Beckennerven

Eine Irritation der Beckennerven ist bei Weitem die häufigste Ursache für den neuropathischen Beckenschmerz. Die Nerven sind nicht verletzt, sondern lediglich gedrückt oder durch äussere Einwirkung eingeengt. Die Nervenfunktion ist dann nicht vermindert, sondern erhöht. Mit dem Schmerzsyndrom verbunden sind eine erhöhte Sensitivität der Hautoberfläche oder Missempfindungen (das Gefühl eines Prickelns, Kitzelns oder Brennens) in den Schmerzbereichen. Auch die Funktionen der Beckenorgane sind gesteigert.

Die Blasenentleerung ist normal, aber die Patienten müssen häufiger auf die Toilette, haben einen starken Harndrang oder gar eine überaktive Blase. Der häufigste Grund für die Kompression der Beckennerven sind erweiterte Venen (Varizen) – ein Zustand, der als “vaskuläres Becken-Entrapment” bezeichnet wird. Wenn sich der Druck auf die Beckenvenen erhöht (langes Sitzen oder Stehen etc.), wird der Schmerz schlimmer oder es kommt zu einem Pulsieren der Beckenvenen (Trikuspidalregurgitation, anatomische Nähe zu Arterien etc.). Auch eine Endometriose und Narbengewebe (fibrotisches Entrapment) können neuropathische Beckenschmerzen verursachen. 

 Fibrotisches Entrapment entwickelt sich oftmals nach einem Eingriff in der Nähe der Nerven oder durch ein postoperatives Hämatom. Prozeduren mit Mesh oder Schlingenimplantation bei einem Beckenorganprolaps sind Eingriffe, bei denen die Patienten ganz besonders dem Risiko eines fibrotischen Entrapments der Beckennerven ausgesetzt sind. Nervenläsionen durch fibrotisches Gewebe oder vaskuläres Entrapment entwickeln sich üblicherweise über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg. Die laparoskopische Nervendekompression ist die gängigste Art der Behandlung solcher Beckennervenirritationen.

Bei der Dekompressions-Chirurgie werden alle Strukturen, welche die Nervenkompression verursachen, laparoskopisch entfernt, während der Nerv selber intakt bleibt. Endometriose, altes Narbengewebe oder Mesh-Material, das den betroffenen Nerv einengt, kann so z. B. entfernt werden. Sind erweiterte Blutgefässe die Ursache der Nervenbeeinträchtigung, sollten diese koaguliert und dann entfernt werden, um ihr Wiederentstehen zu verhindern. Auch Tumore, die eine Nervenkompression verursachen, müssen entfernt werden – vorzugsweise laparoskopisch.

Beckennervenschädigungen

Im Rahmen von Eingriffen kann es zu Verletzungen durch Koagulation, Nähte, Ischämie oder Schnitte kommen. Diese führen zu einem gestörten Gefühlsempfinden, Schmerzen und Dysfunktionen, die sofort nach der Operation oder etwas verzögert nach einigen Tagen einsetzen. Der neuropathische Schmerz ist begleitet von Taubheitsgefühlen im Gesäss, in der Genitalregion oder in den Beinen, in manchen Fällen auch vom teilweisen oder kompletten Verlust der Kontrolle über Muskulatur oder Organfunktionen (Harnverhalt, Verstopfung, motorische Dysfunktionen, Erektionsstörungen etc.). Schliesslich können auch Phantomschmerzen entstehen. Auch Endometriose, seltene Beckentumore oder aber primäre Erkrankungen der Nerven selber (Multiple Sklerose etc.) können eine Ursache für Nervenschädigungen sein.

Die laparoskopische Freilegung der Nerven reicht in solch einem Fall nicht aus. Eine Neuromodulationstherapie – die Implantation von Elektroden, die den beschädigten Nerv kontinuierlich stimulieren – ist erforderlich. Hier ist die Technik der laparoskopischen Implantation von Elektroden (Neuroprothesen) am geschädigten Nerv – bekannt als die “LION Procedure”, entwickelt von Prof. Possover – das Mittel der Wahl: Mikroelektroden werden laparoskopisch nahe dem geschädigten Nerv platziert, um diesen zu stimulieren mit dem Ziel, den Schmerz und die Organfunktionsstörung zu beseitigen.

Prof. Dr. M. Possover

Zerlief. Neuropelveologe Level 3 – www.theison.org